Testamentgestaltung

I. Grundlagen des Erbrechts

Das Erbrecht des BGB sieht in den §§ 1924 ff. ein so genanntes Verwandtenerbrecht für die Hinterbliebenen des Erblassers vor. Grundsätzlich wird danach auf die Blutsverwandtschaft abgestellt – in Ausnahmefällen genügt aber auch eine rechtliche Verwandt­schaft, wie z. B. nach einer Adoption. Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Neben adoptierten Kindern werden seit dem 1.4.1998 auch nichteheliche Kinder als gesetzliche Erben erster Ordnung angesehen. Ist ein direkter Abkömmling (Kind) des Erblassers bereits vorverstorben und hinterlässt er selbst eigene Abkömm­linge (Enkel), dann treten diese an die Stelle ihrer vorverstorbe­nen Eltern. Hinterlässt ein Abkömmling keine eigenen Abkömmlinge, dann wächst sein Anteil den übrigen Erben an.

Sind beim Tode des Erblassers keine Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel) vorhanden, dann sind seine Eltern und, wenn diese bereits vorverstorben sind, seine Geschwister zu gesetz­lichen Erben berufen (Erben zweiter Ordnung).

Beispiel 1: E verstirbt im Alter von 89 Jahren. Seine Ehefrau B ist bereits verstorben. Die Eheleute hatten keine gemeinsamen Kinder. Zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt noch die Mutter von E, Frau F und die Schwester von E, die M. E hat kein Testament hinterlassen.

Erben nach E werden nun seine Mutter F zu 1/2 und seine Schwester M ebenfalls zu 1/2, weil diese die Rechtsstellung des verstorbenen Vaters übernimmt.

Beispiel 2: Die Eheleute B schenken ihrem Sohn S ein Grundstück, Wert € 100.000,-. Der S hat mit seiner Lebensgefährtin ein nichteheliches Kind K. Bei einem Unfall verunglückt S tödlich. Er hat kein Testa­ment hinterlassen.

Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge wird nun sein nichteheliches Kind K zu seinem Alleinerben und erhält unter anderem auch das Grundstück. Die Eltern von S werden nicht Erben, da ein nichteheliches Kind vorhanden ist und dieses als Erbe erster Ordnung die Erben zweiter Ordnung (die Eltern) von der Erbfolge ausschließt.

Die Eltern hätten sich im Beispielsfall entweder ein Rückforderungsrecht für den Fall des Todes ihres Sohnes S vorbehalten oder aber S hätte seine Eltern in einem Testament oder Erbver­trag bedenken müssen.

II. Erbfolge durch Testament

Das Testament bewirkt die unmittelbare Abänderung der gesetz­lichen Erbfolge. Durch die Errichtung eines Testamentes oder Erbvertrages werden viele mit der starren gesetzlichen Erbfolge verbundene Ungerechtigkeiten und Gefahren entschärft. Der Erblasser hat es in der Hand, den Übergang seines Vermögens exakt zu steuern und insbesondere diejenigen zu belohnen, die sich um ihn, nahe Angehörige bzw. um die Anschaffung bzw. den Erhalt seines Vermögens verdient gemacht haben.

Neben dem Testament steht als gleichberechtigte Möglichkeit, seinem letzten Willen Ausdruck zu verleihen, der allerdings notariell beurkundungspflichtige Erbvertrag. Das Testament kann als Einzel- oder Gemeinschaftliches Testament privatschriftlich oder vor einem Notar errichtet werden. Für die Gültigkeit spielt die Wahl der Form keine Rolle. Der Abschluss eines Erbvertrages ist nur in seltenen Fällen notwendig und angeraten. Bei der Abfassung von Testamenten oder Erbverträgen ist es unabding­bar, dass eine umfangreiche Sachverhaltserfassung (persönliche, familiäre, wirtschaftliche Verhältnisse) und rechtliche Prüfung durch den Fachmann.

III. Das gemeinschaftliche Testament

Ehegatten und eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspart­nern gibt das Gesetz die Möglichkeit ihre Vermögensverhältnisse im Todesfall im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln.

Hier ist es ausreichend, dass der Text des Testamentes nur von einem Ehegatten/Lebenspartner handschriftlich geschrieben und unterschrieben wird, während der andere Ehegatte/Lebenspartner nur mitunterschreibt.

Wichtig: Ein gemeinschaftliches Testament kann in vielen Fällen eine Bindungswirkung entfalten, d. h. der Überlebende kann das Testament nicht mehr ändern!

Eine Bindungswirkung entsteht z. B. bei gegenseitiger Erbein­setzung sowie der Erbeinsetzung einer dritten Person bei Versterben auch des zweiten Testierenden. Der häufigste Fall ist die Erbeinsetzung ehegemeinschaftlicher Kinder sowie naher Ver­wandter zu sogenannten Schlusserben.

Wird die Bindung nicht ausgeschlossen oder modifiziert, so kann zu Lebzeiten beider Ehegatten/Lebenpartner nur erschwert durch notariellen Widerruf eine Änderung des Testaments erfol­gen. Nach dem Ableben des Erstversterbenden kann man sich nur noch durch Ausschlagung von der eingetretenen erbrecht­lichen Bindung befreien.

IV. Schenkungen an Kinder (Übergabeverträge)

Es entspricht einem Wunsch sowie einem Bedürfnis, seinen Kindern schon zu Lebzeiten Vermögensgegenstände zukommen zu lassen. Viele Eltern sind zu Recht der Auffassung, dass ein Zuwarten des Vermögensüberganges auf die Kinder bis zum Tode des längstlebenden Ehegatten wenig sinnvoll ist, da die Kinder dann selbst schon im vorgerückten Lebensalter sind und das ererbte Vermögen dann nicht mehr so dringend benötigen, wie dies in jungen Jahren der Fall ist.

Wenn ein Kind nach Abschluss seiner Ausbildung und nach Eintritt in das Berufsleben ein Haus bauen oder ein Geschäft einrichten möchte, so ist die finanzielle Unterstützung der Eltern häufig unabdingbar, weshalb die vorzeitige Übertragung eines Bauplatzes oder die Hingabe von Geld zwecks Existenzgründung recht häufig sind.

Mit lebzeitigen Übergaben können darüber hinaus erhebliche später anfallende Erbschaft- aber auch Einkommensteuern gespart werden.

Damit nicht diejenigen Recht bekommen, die getreulich dem Spruch „Man zieht sich nicht aus, ehe man sich schlafen legt“ ihr gesamtes Vermögen bis zu ihrem Tode behalten, empfiehlt es sich, Schenkungen und Übergabeverträge sicher, d. h. gegen Absicherung der großen Lebensrisiken wie Tod, Scheidung, Über­schuldung etc., zu gestalten. Hinzu kommt, dass die eigenen Interessen der Senioren durch die sichere Formulierung von Nieß­brauch, Wohnungsrecht, Rente ete. abgesichert sowie die Rechte der Geschwister bedacht werden. Daneben müssen derartige Verträge steuersparend und einkommensteuerlich vorteilhaft sein.