Rechtsgebiet:Arbeitsrecht
Autor:Bock
Datum:2020/01

Kippt der EuGH das Recht auf Vertrauensarbeitszeit?

In einem Urteil vom 14.05.2019 (C-55/18) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet sind, Arbeitgeber zu verpflichten, ein System zu schaffen, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.
 
Zu den maßgeblichen Daten, die im Rahmen einer solchen Zeiterfassung festgestellt werden müssen, gehören Beginn und Ende der jeweiligen Arbeitszeit sowie ferner die Arbeitspausen jedes Arbeitsnehmers, die nach ihrer Lage und ihrer Dauer erfasst werden müssen.
 
Die nationalen bundesdeutschen Regelungen zur Arbeitszeit im Arbeitszeitgesetz sehen derzeit noch kein derartiges System vor.
 
Der Europäische Gerichtshof sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Es ist daher zu erwarten, dass der Bundesgesetzgeber sich in absehbarer Zeit mit entsprechenden Vorlagen zur Änderung oder Ergänzung des Arbeitszeitgesetzes befassen muss.
 
Zwar enthält die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach überwiegender Auffassung keine derzeit unmittelbar von den Arbeitgebern zu beachtenden Vorgaben. Es ist allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Urteil umzusetzen, damit zu rechnen, dass der Bundesgesetzgeber entsprechende Änderungen einführen wird.
 
Dies wird dann auch Auswirkungen auf die sogenannte Vertrauensarbeitszeit haben. Diese ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber auf eine Kontrolle der täglichen Arbeitszeit verzichtet.
 
Echte Vertrauensarbeitszeit, bei der der Arbeitnehmer auch nicht verpflichtet ist, selbst Rechenschaft über die von ihm tatsächlich erfüllten Arbeitszeiten abzulegen, wird es nach Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs durch den Bundesgesetzgeber wohl nicht mehr geben können.
 
 
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht