Einbeziehung der VOB/B

Unwirksame Kündigungsmöglichkeit gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B
(nach BGH, Urteil vom 19.01.2023, Az VII ZR 34/20)

In Werk- bzw. Bauverträge werden nicht selten Regelungen der VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen-Teil B) einbezogen. Bei diesen Regelungen handelt es sich letztlich um nichts anderes als Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Baubranche.

Bei der Einbeziehung gegenüber Verbrauchern sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die recht häufig in Werk- bzw. Bauverträgen zu findende, lapidare Formulierung, es gelte die VOB/B nicht für eine wirksame Einbeziehung in den Vertrag ausreicht. Dem Verbraucher sind dann die Regelungen zugleich auszuhändigen.

In diesem Rechtstipp zugrundeliegenden Urteil des BGH (19.01.2023, Az VII ZR 34/20) hatte die Auftraggeberin gegenüber der ausführenden Auftragnehmerin die VOB/B in den Vertrag einbezogen (kleine Anmerkung: Es handelte sich dabei zwar um die VOB/B Stand des Jahres 2002, da jedoch die hier maßgeblichen Regelungen noch in der VOB/B zu finden sind, wird das Urteil auf die aktuelle Rechtslage anzuwenden sein).

Der BGH stellte noch einmal klar, dass die Regelungen der VOB/B als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind. Diese würden nur nicht einer inhaltlichen Prüfung unterliegen, wenn die VOB/B als Ganzes und ohne Änderungen vereinbart wurde.

Im vom BGH zu entscheidenden Fall gab es jedoch im Vertrag individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteien, welche von den Regelungen der VOB/B abwichen und somit Vorrang hatten. Damit wurden die insoweit verbleibenden Regelungen aus der VOB/B aus Sicht des BGH mit den allgemeinen Inhaltskontrollen (§§ 305 ff. BGB) für Allgemeine Geschäftsbedingungen überprüfbar.

Nachdem noch vor der Abnahme die Auftraggeberin immer wieder unter Fristsetzung mangelhafte Leistungen rügte, drohte sie mit einer außerordentlichen Kündigung des Vertrags gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B (i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B).

Nach diesen Regelungen in der VOB/B kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Vertrag außerordentlich kündigen, wenn eine mangelhafte oder vertragswidrige Leistung in der Ausführungsphase aufgetreten ist, die der Auftragnehmer trotz Fristsetzung und Kündigungsandrohung nicht beseitigt.

Diese Regelung sei aber mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes für eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht vereinbar. Der Auftragnehmer werde unangemessen benachteiligt, weshalb die Regelung unwirksam sei. Denn die VOB/B stelle nicht auf die Wesentlichkeit des Mangels ab. Unwesentliche Mängel seien jedoch mit dem Gedanken einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht zu vereinbaren. Es müsse dann letztlich nicht im Einzelfall geprüft werden, ob durch die pflichtwidrige Leistung des Auftragnehmers der Vertragszweck gefährdet sei und die Vertragsgrundlage erschüttert habe, sodass unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Noch in der Ausführungsphase hätte damit der Auftraggeber trotz der eigentlich bestehenden Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers vor der Abnahme, zu Unrecht ein Kündigungsrecht.

Dennoch wies der BGH die Rechtssache zunächst zurück an das Oberlandesgericht, da dieses zu prüfen hätte, ob die Kündigung durch die Auftraggeberin möglicherweise auf Grund anderer Regelungen wirksam erfolgte.

In der Praxis wird recht häufig durch individuelle Regelungen letztlich von der im Übrigen einbezogenen VOB/B abgewichen, womit dann nach dem Urteil des BGH auch in aktuellen Fällen eine Kündigung während der Ausführungsphase nicht mehr nach § 4 Abs. 7 VOB/B erfolgen kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um unwesentliche Mängel handelt. Denn das Urteil des BGH lässt gerade darauf schließen, dass eine Kündigung aus wichtigen Gründen gleichwohl schon in der Ausführungsphase und damit vor Abnahme erfolgen kann (mittlerweile normiert in § 648a BGB).

Dr. Göbel
Rechtsanwalt und Fachanwalt