Pflichtteil bei Enterbung

Einer der Schwerpunkte der Tätigkeit eines Fachanwalts für Erbrecht besteht in der Vertretung von enterbten Pflichtteilsberechtigten. Sehr häufig finden sich in Testamenten Anordnungen zu Lasten von meist Abkömmlingen, gelegentlich auch Ehegatten, die in der Erbfolge unberücksichtigt bleiben. Ebenfalls nicht ausgeschlossen ist die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen für Eltern oder Elternteile, deren Kind vorverstorben ist. Verfügt der Verstorbene Abkömmling seinerseits wiederum nicht über Kinder sind auch die Eltern pflichtteilsberechtigt, § 2309 BGB.

Der Pflichtteil beträgt 1/2 der gesetzlichen Erbquote. Diese gesetzliche Erbquote ist von verschiedenen Parametern abhängig, unter anderem davon, ob der Erblasser verheiratet war, gegebenenfalls in welchem Güterstand, ob bzw. wie viele Abkömmlinge existieren, ob diese möglicherweise schon zu Lebzeiten auf ein Erbe verzichtet haben und ähnliche Umstände. Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen ist eine komplexe Angelegenheit, die vertiefte juristische, allen voran sehr genaue erbrechtliche Kenntnisse voraussetzt.

Erschwert wird dies noch dadurch, dass Pflichtteilsansprüche einer Verjährung unterliegen, die 3 Jahre beträgt, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Pflichtteilsberechtigte vom Erbfall und der ihn beeinträchtigenden, also enterben letztwilligen Verfügung erfahren hat. Gefährlich ist dabei eine etwas versteckte Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch, die die Verjährung von Ansprüchen wegen Schenkungen des Erblassers (sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche) noch komplizierter macht, § 2332 BGB. Hat nämlich der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten verschenkt, kann ein Pflichtteilsberechtigter gegen den Beschenkten vorgehen, diesem gegenüber seine Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen, wobei für die Verjährung dieses Anspruchs zwar auch ein Zeitraum von 3 Jahren gilt, dieser aber taggenau mit dem Erbfall beginnt (§ 2332 Abs. 1 BGB).

Zeitnahes Handeln ist allerdings auch dann erforderlich, wenn der Pflichtteilsberechtigte zwar nicht enterbt wurde, sondern Erbe oder Miterbe wird, dieses Erbe aber beispielsweise durch Vermächtnisse, Auflagen oder Ähnliches geschmälert wird. In diesem Fall muss der pflichtteilsberechtigte Erbe schnellstmöglich entscheiden, ob er das Erbe antreten oder dieses ausschlagen und seinen Pflichtteil geltend machen möchte. Dafür steht ihm lediglich eine kurze Zeit von sechs Wochen beginnend mit der vorerwähnten Kenntnis zur Verfügung. Im Erbfall ist daher schnellstmöglich nach der Mitteilung des eröffneten Testaments durch das Nachlassgericht an einen Pflichtteilsberechtigten durch diesen zu prüfen und zu klären, wie er sich taktisch und wirtschaftlich am klügsten verhält. Hier schnellstmöglich qualifizierten Rechtsrat einzuholen ist unverzichtbar. Sprechen Sie uns gerne an.

Peter W. Vollmer

Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht