Familienrecht (Rechtstipps)

Rechtsgebiet:Familienrecht
Autor:Sebastian Windisch
Datum:2016/05

Ehebedingter Nachteil im Unterhaltsrecht 

Für die Frage, ob auch nach einer rechtskräftigen Scheidung ein Unterhaltsanspruch besteht – sogenannter nachehelicher Unterhalt – sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn aus der Ehe gemeinschaftliche Kinder hervorgegangen sind oder aber auch bei kinderloser Ehe kann ein Unterhaltsanspruch gegebenen sein, wobei man dann an die Dauer der Ehe anknüpft. Das Oberlandesgericht Koblenz, dessen Rechtsprechung maßgebend in Rheinland-Pfalz ist vertritt hier folgende Faustformel:

–       Bei einer Ehedauer bis zu 10 Jahren besteht ein Unterhaltsanspruch für 1/3  der Ehezeit

–       Bei einer Ehedauer von 10 bis 20 Jahren besteht ein Unterhaltsanspruch für ¼ der Ehezeit, aber mindestens 3 ¼ Jahre

–       Ab 20 Jahren Ehezeit beträgt der Unterhaltsanspruch mindestens 1/5 der Ehezeit.

Wenn ein sogenannter „ehebedingter Nachteil“ vorliegt, kann sich die Zeit, in der nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist, erheblich verlängern:

Von einem ehebedingten Nachteil spricht man, wenn durch die Eingehung der Ehe eine erhebliche Einschränkung der Berufstätigkeit gegeben war und es nicht möglich ist, nach einer Scheidung wieder an die früher gegebenen beruflichen Möglichkeiten anzuknüpfen. Weiterhin spricht man von einem ehebedingten Nachteil, wenn ohne die Ehe berufliche Aufstiegsmöglichkeiten gegeben wären, die nun nicht mehr möglich sind. Der Unterhaltsberechtige muss dann diesen hypothetischen Karriereverlauf schlüssig darlegen.

Wird jedoch eine berufliche Erwerbstätigkeit vor der Eheschließung einvernehmlich aufgegeben, tritt hierdurch kein ehebedingter Nachteil ein. Ein solcher kann sich aber aus der Fortsetzung der einvernehmlichen Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben (BGH FamRZ 2016, Seite 641).

Autor

Sebastian Windisch

Fachanwalt für Familienrecht

Datum 05/2016