Rechtsgebiet:Familienrecht
Autor:Windisch
Datum:2016/09

Pflicht der Eltern zur Finanzierung eines Studiums nach abgeschlossener Lehre?

Die Frage, ob nach einer ersten Berufsausbildung auch eine im Anschluss zu erfolgende Weiterbildung finanziert werden muss lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Entscheidung, ob die Unterhaltspflicht der Eltern fortdauert, ist im Rahmen einer Zumutbarkeitsabwägung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu treffen. Es bedarf hier jeweils einer sorgfältigen und umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen, denn die Eltern werden durch den Ausbildungsweg Abitur/Lehre/Studium in ihren wirtschaftlichen Lagen stärker betroffen, als dies bei der herkömmlichen Ausbildung der Fall ist. Daher ist für diesen Ausbildungsweg zunächst ein fachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Studium und Lehre erforderlich; sofern eine Zeitspanne zwischen Lehre und Studium liegt in Folge Wartezeit schließt dies den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht aus, sofern die Verzögerung nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten des Kindes beruht. Entscheidendes Kriterium ist dabei auch, inwieweit die Eltern damit rechnen mussten, dass das Kind nach seiner Berufsausbildung noch ein Studium anstrebt. Daher ist es zwingende Voraussetzung, dass das Kind die Eltern frühzeitig und nachweisbar darüber informiert, dass es später noch studieren möchte. Zu berücksichtigen sind weiterhin das Alter von Eltern und Kind sowie die Möglichkeit, durch steuerliche Vorteile, durch Kindergeld oder in sonstiger Weise noch entlastet zu werden. Weitere Kriterien sind die zu erwartenden Ausbildungskosten, die voraussichtliche Studiendauer sowie die finanzielle Beteiligung der Eltern an der vorangegangenen Berufsausbildung. Zwar existiert keine feste Altersgrenze für den Beginn eines Studiums, die Eltern müssen aber nicht latent und ohne erkennbare Anhaltspunkte damit rechnen, dass ihr Kind nach einer Lehre noch ein Studium anstrebt, dessen Kosten sie tragen sollen. Grundsätzlich ist daher das Interesse der Eltern an der Beendigung ihrer Unterhaltspflicht als legitim zu bewerten. Eltern müssen auch nicht von sich aus nach den weiteren Plänen und Ausbildungsabsichten ihres Kindes fragen, dies ist Aufgabe des Kindes die Eltern davon zu unterrichten.

gez. Windisch

Rechtsanwalt und Fachanwalt