Rechtsgebiet:Familienrecht
Autor:Windisch
Datum:2020/04

Kindesübernachtungen bei kurzer Entfernung der Elternteile

Gerade bei geringer Distanz der Wohnorte der Kindeseltern bedarf es einer hohen Rechtfertigung, wenn Übernachtungen des Kindes ausgeschlossen werden sollen. Grund ist, dass im Grundsatz Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen.
 
Übernachtungskontakte sind dazu geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil zu festigen und tragen dazu bei, dass der umgangsberechtigte Elternteil vom Kind nicht ausschließlich als „Freizeitelternteil“ erlebt wird. Es geht hier auch dabei darum, dass ein Kind auch Routine und Abläufe bei dem anderen Elternteil erlebt, die auch durchaus mit Pflichten für das Kind (Zähneputzen, Abwasch, etc.) verbunden sein können. Es dient nicht dem Entwicklungsprozess von Kindern, sie unter eine „Schutzglocke“ zu legen und ihnen damit Auseinandersetzungen mit dem umgangsberechtigten Elternteil zu ersparen, weil der umgangsberechtigte Elternteil gerade auch bei Übernachtungskontakten Anforderungen an das Kind stellt. Kinder müssen lernen, durch neue Strukturen und Veränderungen belastet zu werden, mit denen sich die Persönlichkeit eines Kindes weiterentwickelt.
 
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden (OLG Köln, 10 UF 189/18), dass bei einem Kind in der ersten Klasse der Grundschule jedenfalls Übernachtungskontakte regelmäßig nicht „überfordernd“ sein können. Dies kann – je nach Entwicklungsstand des Kindes – selbstverständlich auch für jüngere Kinder gelten. Es ist immer eine Abwägung und Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen, die sich am Entwicklungsstand und am Kindeswohl orientiert.