Umgangs- oder Wechselmodell – Kindeswille kann entscheidend sein

Grundsätzlich ist bei der Frage, welches Betreuungsmodell für die Kinder am besten ist, die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes an die beiden Elternteile, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens zu berücksichtigen.

Der Kindeswille kann den Ausschlag geben, wenn Kinder aufgrund ihres Alters und der individuellen Reife einen selbstbestimmten Willen bilden können und einen verständigen Eindruck hinterlassen. In der Regel wird bei Kindern ab dem 11. bis 13. Lebensjahr davon ausgegangen, dass sie einen selbstbestimmten Willen bilden können.

Der Kindeswille ist dann beachtlich, wenn das Kind aufgrund seiner verstandesmäßigen Reife die Bedeutung des Umgangs versteht und es einen stabilen und autonomen Willen gebildet hat. Ein Fachanwalt für Familienrecht wird daher für die Erfolgsaussichten eines Wechselmodells prüfen, inwieweit neben den sonstigen Kriterien dem Kindeswillen die ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Ein Wechselmodell ist anzuordnen, wenn die Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht. Dass zwischen den Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell Konsens besteht, ist hingegen keine Voraussetzung für eine Anordnung (OLG Frankfurt, Az. 3 UF 144/20).

Oktober 2022

Sebastian Windisch

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Familienrecht in Mainz und Wiesbaden