Fristlose Kündigung wegen Beleidigung/Bedrohung durch Mieter; Verwertung von Videoaufnahmen

(nach LG Essen, Beschluss vom 06.11.2023, Az. 10 S 122/23)

Es ist nichts völlig Neues, sondern eher die Bestätigung der herrschenden Rechtsprechung. Wird der Vermieter durch seine Mieter (erheblich) beleidigt und/oder bedroht, so rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung.

In der Regel bedarf eine (fristlose) Kündigung des Wohnraummietverhältnisses zumindest einer vorangegangenen Abmahnung des pflicht- bzw. vertragswidrigen Verhaltens. Einer Abmahnung bedarf es jedoch dann nicht, wenn der Verstoß als schwerwiegend anzusehen ist.

In der Entscheidung des LG Essen heißt es, dass schwere Beleidigungen und die Bedrohung des Lebens des Vermieters regelmäßig keiner vorherigen Abmahnung bedarf und zur umgehenden, fristlosen Kündigung berechtigt.

In vom LG Essen zu entscheidenden Fall hielt die Vermieterin der Mieterin vor, sie hätte sie auf Türkisch unter anderem als „Schlampe“ und „Nutte“ beschimpft sowie mit den Fingern Handzeichen gegeben, als wolle sie etwas anzünden und anschließend auf- steigenden Rauch gestikuliert. Außerdem wäre 2 Mal die Drohung „Ich bring dich um“ von der Mieterin gegenüber der Vermieterin ausgesprochen worden.

Aus Sicht des LG Essen ein Verhalten, welches zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigt.

Interessant an dieser Entscheidung ist zudem, dass von den Vorgängen seitens der Vermieterin Videoaufzeichnungen gefertigt wurden. Diese wurden in I. Instanz in der mündlichen Verhandlung gemeinsam gesichtet und anschließend zur Sache weiterverhandelt. Erst später rügte die Mieterseite die angeblich unzulässige Verwertung der Videoaufzeichnungen. Das LG Essen sah die Rüge in II. Instanz jedoch schon als verspätet an. Dennoch führte das LG Essen weiter aus, die Verwertung der Videoaufnahmen sei ohnehin nicht zu beanstanden. Ein Beweisverwertungsverbot stehe der Verwendung der im Termin vor dem Amtsgericht in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen nicht entgegen. Eine unzulässige Beweiserhebung führe nicht automatisch dazu, dass hierdurch erlangte Erkenntnisse bei der Beweiswürdigung nicht verwertet werden dürfen.

Die Verwertung eines vom Gericht erhobenen Beweises hat nur zu unterbleiben, wenn dies ein Gesetz ausdrücklich anordnet oder die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht der Partei verletzt, ohne dass im Rahmen einer Interessenabwägung ein als höherwertig einzuschätzendes Interesse der anderen Partei die Verwertung als gerechtfertigt erscheinen lässt.

Die Verwertung von Bild- und Filmaufnahmen stellt ohne Zustimmung des Abgelichteten regelmäßig ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Bild dar. Im Einzelfall können solche Beweismittel jedoch ausnahmsweise verwertbar sein, wenn das Interesse an der Verwertung das Interesse des Beweisgegners an Privatsphäre überwiegt. Dies, so das LG Essen, sei hier der Fall.

Dr. Göbel

Rechtsanwalt und Fachanwalt