Prozessführungsbefugnis des einzelnen Eigentümers bei Störungen
Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 01.12.2020 hat sich einiges hinsichtlich der Befugnis des Einzelnen zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen bei Störungen durch andere innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert. Konnte vor der Gesetzesreform in den meisten Fällen noch der einzelne Eigentümer Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegenüber anderen Wohnungseigentümern (bzw. deren Mietern) bei Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums oder zweckwidriger Nutzung geltend machen, ist diese Befugnis nunmehr regelmäßig der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorbehalten, § 9a Abs. 2 WEG.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist jetzt alleine für die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (etwa aus § 1004 BGB) prozessführungsbefugt.
So verwehrte der BGH beispielsweise in einem Urteil vom 28.01.2022 (Az V ZR 86/21) dem einzelnen Wohnungseigentümer die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, wenn ein anderer Wohnungseigentümer oder dessen Mieter sein Wohnungseigentum zweckwidrig nutzt. Diesen Anspruch könne lediglich die Gemeinschaft als solche geltend machen.
In einem anderen Urteil vom 28.01.2022 (Az V ZR 106/21) sah der BGH einen einzelnen Wohnungseigentümer auch für die Geltendmachung eines Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruchs beim ständigen Parken in einer Feuerwehrzufahrt als nicht prozessführungsbefugt an. In letzterer Entscheidung des BGH wurde dem einzelnen Wohnungseigentümer diese Prozessführungsbefugnis sogar versagt, obwohl das Hindernis (parkendes Fahrzeug) im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums den Zugang zum eigenen Sondereigentum erschwerte.
Dennoch bleibt es dabei, dass der einzelne Wohnungseigentümer dann prozessführungsbefugt bleibt, wenn seine Klage auf eine Störung im räumlichen Bereich des Sondereigentums gestützt wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Emissionen wie Lärm und Gerüche auf das Sondereigentum einwirken. Ob solche Störungen vorliegen, ist dann letztlich eine Frage der Begründetheit der Klage.
Im Ergebnis müsste der betroffene Eigentümer daher im Rahmen einer Beschlussfassung die Gemeinschaft „zwingen“ aktiv zu werden. Lehnt die Mehrheit dies ab, kommt eine Beschlussersetzungsklage für den einzelnen in Betracht. Sollte nämlich die Ablehnung eines Vorgehens gegen den Störer wider ordnungsgemäße Verwaltung verstoßen, wäre die Gemeinschaft gegebenenfalls zum Handeln gezwungen.
Dr. Göbel
Rechtsanwalt und Fachanwalt