Wohnungseigentümergemeinschaft: Unterlassen von übermäßigem Grillen, Videoaufnahmen und Trampolinnutzung in der Ruhezeit

(LG München I, Urteil vom 01.03.2023, Az 1 S 7620/22)

Die Parteien eines Rechtstreits vor dem LG München I (I. Instanz AG Wolfratshausen) sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Ohne vorangegangenes Schiedsverfahren und trotz der Betroffenheit (auch) des Gemeinschaftseigentums neben dem Sondereigentum nebst dazugehörender Flächen des Klägers, machte dieser mit seiner Klage verschiedene Unterlassungsansprüche geltend. Der Beklagte sollte es unterlassen mit seiner Handykamera oder einer sonstigen Kamera den Kläger, dessen Wohnung sowie den zur Wohnung gehörenden Balkon zu filmen. Darüber hinaus sollte der Beklagte es unterlassen, während der Ruhezeiten Kinder auf dem im Garten aufgebauten Trampolin spielen zu lassen. Zudem wünschte der Kläger das Unterlassen von häufigerem Grillen als 5 Mal im Jahr, hilfsweise nicht mehr als 2 maliges Grillen im Monat.

Wenig überraschend wurde der Beklagte verurteilt, das Filmen unter Verstoß gegen die Privatsphäre zu unterlassen. Ebenfalls wenig überraschend war die Klageabweisung bezüglich des Spielens der Kinder. Geräusche von spielenden Kindern werden häufig als noch sozialadäquat angesehen. Streiten, insbesondere zur Ruhezeit, kann man darüber natürlich dennoch. Jedoch wurde die klageabweisende Entscheidung der I. Instanz diesbezüglich von der Berufung nicht mehr angegriffen.

Wegen des Grillens kam das LG München zu der Entscheidung dieses sei maximal 4 Mal im Monat und dabei nicht an 2 aufeinanderfolgenden Tagen zulässig.

Zwar sei auch Grillen ein sozialadäquates Verhalten, doch dürfe dies nicht in übermäßigem Maße störend sein. Nach einer Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen zu Art und Umfang der Rauch- und Geruchsentwicklung folgte die letztlich vom Antrag des Klägers abweichende Entscheidung des Gerichts.

Klargestellt wurde indes wieder einmal, dass die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind.

Mithin kann man sich gegen sozialadäquates Verhalten wie Grillen ab einem gewissen ist allenfalls einer wagen Prognose zugänglich.

Von Interesse ist die Entscheidung hinsichtlich zweier weiterer Rechtsfragen. So bestätigte das Gericht zum einen, dass der einzelne Wohnungseigentümer eigenständig Abwehransprüche (Unterlassensanspruch) wegen Beeinträchtigungen seines Sondereigentums und der dazugehörenden Flächen gegen einen anderen Wohnungseigentümer geltend machen kann und nicht die Geltendmachung durch den Verband als solchen vorrangig sei. Zum anderen, dass es zwischen den Parteien der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Zwang durch Durchführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens gibt. Bei vergleichbaren Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn sieht das Gesetz als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage die Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor. Die insoweit maßgebliche Regelung sei aber nicht auf eine Auseinandersetzung zwischen Wohnungseigentümer anzuwenden.

Dr. Göbel

Rechtsanwalt und Fachanwalt