Wechselbezüglichkeit bei Schlusserbeneinsetzung

– klare Formulierungen im Testament bedeutsam

Die mit Abstand häufigste Form der Testierung von Ehegatten ist diejenige in einem gemeinschaftlichen Testament, in welchem sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben für den ersten Erbfall einsetzen und nachfolgend wiederum Personen als sogenannte „Schlusserben“, also als Erben im zweiten Erbfall bestimmen.

Das Oberlandesgericht Köln hatte sich in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung mit der Frage zu beschäftigen, ob die für den zweiten Erbfall eingesetzte und bestimmte Person durch das gemeinschaftliche Testament „bindend“ zum Erben bestimmt wurde, oder ob der überlebende Ehegatte befugt war, abweichend durch eigenes, einzelnes Testament neu zu verfügen. Die Ehegatten hatten keine Kinder, sie hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zum Alleinerben eingesetzt und zu Schlusserben den Patensohn des erstverstorbenen Ehemannes bestimmt. Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Erblasserin eine neue Verfügung von Todes wegen und bedachte dabei eine gänzlich andere Person.

 Das Oberlandesgericht Köln hatte nun zu entscheiden, ob die Erbeinsetzung des Patensohnes wechselbezüglich zur Erbeinsetzung der überlebenden Ehefrau war, also mit bindender Wirkung erfolgte.

 Die Erblasserin wäre an einer neuen Testierung gemäß § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB gehindert gewesen, wenn die Erbeinsetzung des Patensohnes wechselbezüglich im Sinne von § 2270 BGB gewesen wäre. Da das Testament hierzu nichts aussagte, musste das Oberlandesgericht die letztwillige Verfügung auslegen.

 Die Wechselbezüglichkeit von Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament setzt voraus, dass die beiden Verfügungen miteinander stehen und fallen sollen. Kurz gesagt: Hat der Ehemann seine Ehefrau zur Erbin eingesetzt, nicht nur weil sie ihn ihrerseits für den Fall des eigenen Vorversterbens zum Erben bestimmt hat, sondern auch, weil sie den Patensohn als ihren Erben im zweiten Erbfall bestimmte? Das Oberlandesgericht hat dies verneint. Es ist der Auffassung, dass die bloße Beziehung als Patensohn nicht ausreiche, es müssten hohe Anforderungen gestellt werden, um den Patensohn als den erstverstorbenen Ehemann „nahe stehend“ im Sinne der Auslegungsbestimmung des § 2270 Abs. 2 zweite Alternative BGB zu verstehen.

 Das Oberlandesgericht ist der Meinung, dass die Eigenschaft als bloßes „Patenkind“ dafür nicht genüge. Im konkreten Fall habe der „Patensohn“ auch nicht an gemeinsamen Feierlichkeiten der Eheleute teilgenommen, insbesondere auch nicht an Geburtstagsfeiern des vorverstorbenen Ehemannes. Über ein sonst inniges Verhältnis der zwischen Ehemann und Patensohn wurde offenbar auch nichts näher vorgetragen, weshalb das Oberlandesgericht zu dem Schluss kam, dass zwischen den Eheleuten keine Bindungswirkung zu Gunsten des Patensohnes gewünscht wurde.

 Dessen Erbeinsetzung war durch die nachfolgenden Testamente hinfällig, er wurde nicht Erbe.

Daraus folgt, dass bei der Testamentsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob der überlebende Ehegatte eine im Testament beinhaltete Erbfolge auf den zweiten Erbfall ändern dürfen sollte oder nicht, klare Regelungen im Testament unverzichtbar sind. Der Fall zeigt erneut, dass das von Laien errichtete Testament gefährlich ist, es ist viel zu oft auslegungsbedürftig und an klaren, juristisch präzisen Formulierungen mangelt. Losgelöst davon, dass es meist die Beantragung eines Erbscheins unverzichtbar macht, was mit hohen Kosten verbunden ist, bietet das notarielle Testament in den beiden Erbfällen nicht nur den Kostenvorteil der regelmäßigen Ersparnis eines Erbscheins. Aufgrund seiner klaren und präzisen Regelungen sowie der zwingenden Feststellung des Notars über Testierfähigkeit des Erblassers bietet das notarielle Testament das höchste Maß an Rechtssicherheit für die Beteiligten. Bei Fragen hierzu sprechen Sie mich an.

Peter W. Vollmer

Notar
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht