Rechtsgebiet:WEG u. Mietrecht
Autor:Göbel
Datum:2020/04

Corona-Pandemie: Mietzahlungen im gewerblichen Bereich

Durch die Corona-Pandemie sind viele gewerbliche Mieter in eine finanzielle Schieflage geraten. Wie aus den Medien bekannt, trifft dies nicht nur kleinere und mittelständige Unternehmen, sondern auch größere Konzerne. Die Betroffenen machen sich Gedanken, ob weiterhin Mietzahlungen finanziell möglich und rechtlich erforderlich sind.
 
Dem gegenüber steht die Vermieterseite, welche ebenfalls in nicht unerhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten kann, sollten die Mieten ausbleiben. Einige Vermieter sehen sich mit angekündigten Mietkürzungen, bereits erfolgten Mietkürzungen oder dem vollständigen Mietausfall konfrontiert.
 
Der Gesetzgeber reagierte rasch mit einigen erlassenen Corona-Hilfsgesetzen bzw. -Verordnungen. Diese befassen sich auch mit der Krise im mietrechtlichen Bereich. Zugleich wird dazu geraten, dass sich Mieter im Falle von Zahlungsschwierigkeiten dennoch möglichst mit ihren Vermietern gütlich einigen sollen.
 
Nach den aktuellen Regelungen steht zunächst einmal fest, dass ausbleibende Mietzahlungen -sofern sie nachweisbar durch die Corona-Pandemie verursacht sind- nicht als Begründung für eine Kündigung herangezogen werden dürfen. Dies gilt jedenfalls für die Mietmonate April bis einschließlich Juni 2020. Ein Recht zur dauerhaften Mietminderung wurde jedoch nicht vorgesehen. Die rückständigen Mieten aus diesem Zeitraum müssen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bis spätestens zum 30.06.2022 nachgeleistet werden.
 
Fraglich bleibt jedoch, ob damit die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit ausbleibenden Mietzahlungen während der Corona-Krise abschließend geklärt sind. Dies dürfte nicht der Fall sein.
 
Eine vergleichbare, gesamtdeutsche Situation gab es so noch nicht.
 
Der Gedanke des Gesetzgebers ist, dass die vorübergehenden Regelungen die Folgen der Krise abmildern sollen.
 
Einige mietzahlende Gewerbetreibende berufen sich jedoch auf den Wegfall bzw. die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Damit möchten diese begründen, dass die Miete wegen eines bei Vertragsabschluss nicht berücksichtigten, aber relevanten Umstands anzupassen ist. Aus Sicht einiger Gewerbetreibenden hat sogar eine Anpassung der Miete auf „Null“ zu erfolgen.
 
Aus Vermietersicht könnte man sich darauf berufen, dass das Mietobjekt als solches für den vereinbarten Zweck trotz bestehender behördlicher Untersagungen grundsätzlich noch geeignet ist. Weder die Pandemie als solche, noch die Reaktion der staatlichen Stellen hierauf stelle einen Mangel des Mietobjekts dar. Ein Minderungsrecht besteht nicht. Daneben bestünde auch kein Anspruch auf Anpassung des Vertrags durch Reduzierung des Mietzinses, weil eine bei Vertragsabschluss nicht berücksichtige Änderung der Umstände erst nach einer eingehenden Abwägung der Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter zu einer „gerechten“ Vertragsanpassung führe.
 
Vermieter werden sich darauf berufen, dass etwaige Ladenschließungen aufgrund behördlicher Anordnungen, die nicht ihre Ursache in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, keine Berechtigung zur Anpassung des Mietzinses geben. Einschränkungen bzw. Untersagungen des Geschäftsbetriebs, wie etwa in der Gastronomie, seien rein betriebsbezogene hoheitliche Eingriffe, die nicht im Zusammenhang mit der Mietsache als solches stehen.
 
Dies spricht für die Vermieterseite, die dann Anspruch auf vollen Mietzins hätte und sich letztlich zunächst einmal nur den gesetzgeberischen Regelungen wegen der Corona-Pandemie in Form einer Art „Stundung“ der Mietzahlungen zu beugen hätte.
 
Das Risiko läge beim Mieter.
 
Andererseits trifft verschuldensunabhängig die Gefahr einer nicht mehr bestehenden Gebrauchstauglichkeit des Mietobjektes den Vermieter. Wird etwa die Gebrauchstauglichkeit wegen Baumaßnahmen in der Nachbarschaft eingeschränkt oder gar aufgehoben, so erhält der Vermieter -mangels einer anders lautenden Regelung im Vertrag- keine Miete.
 
Ob dies ausreichen wird, um in sicherlich noch folgenden Rechtstreitigkeiten wegen ausgebliebener Mietzahlungen über das Rechtsinstitut der Wegfall/Störung der Geschäftsgrundlage eine Mietanpassung gar auf „Null“ zu setzen, bleibt abzuwarten. Möglicherweise entwickelt sich in der Rechtsprechung auch eine vermittelnde Tendenz, die bei der Abwägung der Risikosphären schlussendlich zu einer „50/50 Lösung“ gelangt.
 
Teilweise kann durch ergänzende Auslegung des Vertrags näher bestimmt werden, wie die Risikosphären zwischen den Parteien angelegt wurden. Auch hier wird der Einzelfall entscheidend bleiben.
 
Nur am Rande sei erwähnt, dass in Österreich seit Bestehen des ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) im § 1104 ABGB das überraschende Auftreten (unter anderem) einer Seuche mit der Folge der Unbenutzbarkeit des Mietobjekts die Zahlungsplicht für Miet- und Pachtzinsen entfällt.
 
Wie die deutsche Rechtsprechung damit umgehen wird, bleibt spannend. Gerne stehen wir beratend und unterstützend zur Seite.
 

Dr. Göbel
Rechtsanwalt und Fachanwalt