Geltendmachung von fiktivem Schadenersatz
(LG Halle, Urteil vom 03.02.2023, Az 1 S 91/21)
Im Unterschied zum Werkvertrag-/Baurecht bleibt im Mietrecht für Vermieter die Möglichkeit weiterhin bestehen, Schäden fiktiv zum Netto-Wert abzurechnen. Ist etwa ein Bauherr gezwungen entweder nur Minderwerte beim Vorliegen eines Schadens/Mangels geltend zu machen oder aber den Mangel beseitigen zu lassen und die hierfür anfallenden Kosten (brutto) erstattet zu verlangen, bleibt es für den Vermieter möglich anhand von Kostenvoranschlägen die Schadensbeseitigungskosten netto (da die Mehrwertsteuer dann nicht anfällt) gegenüber dem Mieter geltend zu machen.
Dies wurde nun noch einmal vom LG Halle (Urteil vom 03.02.2023, Az 1 S 91/21) klargestellt. Im vom LG Halle zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter sogar nach Beendigung des Mietverhältnisses und Bewertung der vom Mieter hinterlassenen Schäden die Immobilie weiter veräußert. Ohne nachzuweisen, dass die Schäden an der Immobilie zu einem Mindererlös beim Verkauf geführt hätten, verlangte er die fiktiven Schadensbeseitigungskosten im Rahmen eines Ersatzanspruchs.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH führt das LG Halle aus, im Rahmen eines Schadenersatzanspruches gemäß § 280 BGB sei die Bestimmung des § 249 BGB uneingeschränkt anwendbar. Der Geschädigte (Vermieter) habe die Wahlmöglichkeit zwischen dem Verlangen nach einer Naturalrestitution (Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands) oder dem Zahlungsanspruch auf den für die Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Der Geschädigte dürfe sich ausschließlich an seinem eigenen Wiederherstellungsinteresse orientieren. Da der Vermieter, anders als der Besteller eines Werkes, keinen Vorschussanspruch habe, gelten die vom BGH hierfür entwickelten anderslautenden Grundsätze nicht. Denn Vorschuss könne ein Vermieter allenfalls verlangen, wenn der Mieter mit seiner vertraglichen Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis in Verzug gerät.
Selbst die Veräußerung der Mietwohnung nach Ende des Mietverhältnisses ändere hieran nichts. Der Vermieter wird nicht lediglich auf die Geltendmachung des Minderwertes der Immobilie durch die bestehenden Schäden verwiesen.
Es sei aber darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Schadenersatzanspruches eines Vermieters wiederum nur Zeitwerte ersetzt werden können. So kann der Vermieter beispielsweise nicht bei Löchern in einem 20 Jahre alten, minderwertigen Teppich im Rahmen des Schadenersatzanspruches erwarten etwa den Neuwert eines hochwertigen, neuen Teppichs erstattet zu bekommen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt