Rechtsgebiet: | WEG u. Mietrecht |
Autor: | Dr. Göbel |
Datum: | 2019/01 |
Wie laut darf der Nachbar musizieren?
Grundsätzlich zählt das Musizieren zu den sozialadäquaten Freizeitbeschäftigungen. Daraus entstehende Geräuschsentwicklungen sind jedenfalls in gewissen Grenzen für Nachbarn zumutbar. Diese Grenzen können allerdings überschritten werden.
Nachbarn können gegen störenden Lärm durch Musizieren gemäß §§ 1004, 906 BGB vorgehen. Mieter können dies ebenfalls und zudem gegenüber ihrem Vermieter wegen eines Mangels Rechte (insbesondere Mietminderung) geltend machen.
Die Frage ist jedoch stets, wann sind die Grenzen des Zumutbaren überhaupt überschritten. Dies ist einerseits von der Art des Lärms, dessen Intensität sowie dem Zeitraum der Störung abhängig.
Dabei werden sozialadäquate und übliche Formen des „Lärms“, wie etwa von spielenden Kindern oder musizierenden Nachbarn, in einem gewissen Maße bevorteilt. Hier ist die Hürde zur Unzumutbarkeit und damit der Entstehung durchsetzbarer Rechtsansprüche höher.
Übliche Ruhezeiten sind einzuhalten. Die Lautstärke muss sich in einem hinnehmbaren Maße bewegen. Regelungen, an denen man sich orientieren kann, bietet die TA-Lärm. Es empfiehlt sich ein Lärmprotokoll zu erstellen, welches die Häufigkeit, Datum und Uhrzeit sowie möglichst die Intensität (dB) dokumentiert.
Der BGH hat im Urteil vom 26.10.2018 (Az. V ZR 143/17) im Zusammenhang mit dem Trompetenspiel eines Nachbarn in einer Reihenhaussiedlung allerdings festgehalten, dass die Prüfung der Wesentlichkeit der Störung (Unzumutbarkeit) an einem strengen Maßstab zu erfolgen hat. Ein Anspruch auf vollständige untersagung des Musizierens wird man nach den Ausführungen in vorgenanntem Urteil regelmäßig nicht erreichen können. Selbst der Anspruch auf ganz konkrete Schallschutzmaßnahmen kann man nur in seltenen Fällen durchsetzen. Der BGH führte aus, dass grundsätzlich die Art und Weise der Beseitigung einer Störung dem Störer überlassen bleiben müsse.
Fazit: Die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens gegen den Nachbarn (bzw. Vermieter) wegen sozialadäquater, aber störender Freizeitbeschäftigungen (Musizieren, Spielen von Kindern, etc.) ist schwer. Letztlich hat das erkennende Gericht einen durchaus weiten Beurteilungsspielraum. Jedenfalls zu Ruhezeiten, an Sonn- und Feiertagen stehen die Chancen jedoch gut für mehr Ruhe sorgen zu können.